15. Februar 2012 - Mittwoch - Tag 16

| Granada |


Volcán Mombacho
Catedral
Granada




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Granada

Während dieser Reise ist 9 Uhr schon recht spät, um in den Besichtigungstag zu starten. Aber heute kann ich damit sehr gut leben. Vielleicht hat das auch damit zu tun, weil es gestern wieder mal länger gedauert hat. Ich bin aber trotzdem früh wach. Das nutze ich, um die Notizen der letzten Tage nachzuschreiben. Durch den langen Bootstag vorgestern bin ich da etwas hintennach. Punkt neun Uhr wartet Martin bereits auf uns. Wir können los. Wie in León geht's zu Fuß durch eine Stadt im kolonial-spanischen Stil. Etwas über 100.000 Einwohner zählt Granada am Nordufer des Lago de Nicaragua.

Wir spazieren vom Hotel die Straße entlang bis zur Iglesia La Merced. Unterwegs kommen wir beim Stadtamt vorbei, in dem die EDV im Gegensatz zu daheim noch nicht Einzug gehalten hat. Die Meldebehörde arbeitet noch mit dicken Büchern und die Bürger stehen Schlange bis auf den Gehsteig. Ein Besuch des Hotels "Gran Francia" steht auch auf der Liste. Da geh ich aber nicht mit hinein. Ich mag das nicht, wenn ich mir als Tourist das Gebäude anschaue und dabei zwischen den frühstückenden Hotelgästen herumschwirren muss. Mit Günter warte ich beim Eingang zum Hotel. Aber wo bleiben die alle? Ich schau mal ums Eck und sehe Elke schon vom gegenüberliegenden Haus herauskommen. Da ist die Gruppe doch glatt bei einer anderen Tür aus dem Hotel hinaus. Darf denn das sein? Jedenfalls sind wir wieder alle gemeinsam auf dem Weg zu La Merced. Mit dem Inneren der Kirche halten wir uns gar nicht lange auf, denn wir wollen vom Kirchturm den Ausblick über die Stadt genießen. Über die Ziegeldächer des Stadtzentrums schweift der Blick nach Süden zum wolkenbedeckten Volcán Mombacho, nach Westen zum Aussichtspunkt bei Catarina, wo wir gestern gestanden sind und nach Osten zur Kathedrale und zum Lago de Nicaragua.

Über den Parque Central kommen wir zur Kathedrale der Stadt. Für eine Kathedrale ist sie meiner Meinung nach sehr schlicht gehalten. Erst in den Seitenschiffen verstecken sich einige Besonderheiten. Als wir die Kirche durch einen Seitenausgang verlassen, stehen wir auf einem bekannten Platz. Da war doch gestern das wunderbare Konzert! Heute findet man noch die Räumtrupps und nebenan kleine Souvenirstände. Direkt angrenzend befindet sich die Casa de los tres mundos, das "Haus der drei Welten". Es handelt sich dabei um ein Kulturzentrum, das vom österreichischen Schauspieler Dietmar Schönherr und vom nicaraguanischen Priester, Schriftsteller und ehemaligen Minister Ernesto Cardenal gegründet worden ist. Jetzt schließt sich der Kreis, denn jener Mann mit der Baskenmütze gestern Abend war Ernesto Cardenal! Im Kulturzentrum können wir so manchem Künstler bei der Arbeit zusehen und auch ein Radiosender (Radio Volcán) findet in diesen Mauern seine Heimat.

Aber wo ist Elke geblieben? Sie ist irgendwo zwischen den Souvenirständen auf dem Parque Central untergetaucht, aber Werner findet sie wieder. Auf dem Weg zum Convento San Francisco ist dann plötzlich mein Zimmerkollege wie vom Erdboden verschluckt. Da stellt sich die Frage, ob Martin bei seiner Führung zu schnell voranläuft oder ob wir zu langsam hinterhertrotten. Neben Konzerten am Abend gibt es während des Dichterfestivals natürlich vor allem tagsüber verschiedenste Lesungen, Ansprachen und Podiumsdiskussionen. Eine solche Veranstaltung ist auch gerade im Franziskanerkonvent im Gange. Und im Publikum in der dritten oder vierten Reihe rechts außen sitzt - Ernesto Cardenal! Es gibt dann tatsächlich welche aus der Gruppe, die sich direkt oder mit Hilfe einer Mitarbeiterin des Festivals ein Autogramm von ihm holen. Uns interessiert aber auch das kleine Museum, in dem die Geschichte der Region dargestellt wird und in dem viele antike Steinfiguren ausgestellt werden. Sehr interessant ist auch ein großes Modell der Stadt Granada.

Im kleinen Souvenirgeschäft finde ich ein paar Ansichtskarten von Nicaragua. Eine Frau vor mir braucht eine gefühlte Ewigkeit, bis sie endlich ihr Buch gekauft und in ihre Tasche gepackt hat. Ich denke mir nur: "Beeil dich, denn meine Gruppe ist schon weg." Endlich, sie hat es geschafft. Ich brauche nicht lange, aber wo sind meine Leute jetzt hin? Vor dem Konvent sehe ich niemanden mehr. Ich schaue rechts und links die Straße entlang - und da sehe ich Elke. Also nichts wie nach. Die Gruppe hat sich im Postamt versteckt. Ein perfekter Zufall, denn für meine Karten brauche ich sowieso noch Briefmarken.

Nach dem Besichtigungsprogramm starten wir endlich zum Mittagessen ins Restaurante "Mediterráneo", das in der gleichen Straße liegt wie unser Hotel. Und plötzlich ist auch Werner wieder da. Er konnte sich erinnern, dass uns Martin schon gestern dieses Lokal gezeigt hat. Das Mittagessen mundet bekömmlich. Leider werden wir von drei Musikern gestört. Ich muss dazu sagen, dass ich Livemusik nicht mag, wenn man gemütlich beisammen am Tisch sitzt. Schon gar nicht, wenn sie dir schon fast um die Nase fiedeln. Ganz so schlimm ist es heute zwar nicht, aber die drei Musiker spielen eindeutig nur für uns. Sie merken auch bald, dass die meisten von uns nicht besonders erpicht darauf sind, ihrer Musik zuzuhören. Derweil geht draußen auf der Straße die Post ab. Eine bunte Prozession verkleideter und geschmückter Menschen zieht durch die Stadt.

Isletas de Granada

Zwei Stunden nach Mittag zeigt die Uhr an. Wir starten direkt vom Restaurant zu unserem Nachmittagsprogramm. Dabei fahren wir mit einigen der kleinen Pferdekutschen, die in dieser Stadt ihre Kreise ziehen, zum Ufer des Lago de Nicaragua, der auch Cocibolca genannt wird. Über 8000 km² ist dieser See groß, über 15 mal so groß wie der Bodensee und somit der neunzehntgrößte See der Welt. Über den Abfluss des Sees, den Río San Juan, gelangt man in die Karibik. Dem Ufer bei Granada vorgelagert befindet sich ein Gewirr aus hunderten von Inseln, den sogenannten Isletas. Und in dieses Gewirr wollen wir heute Nachmittag mit einem kleinen Boot eintauchen. Vielleicht ergeben sich einige interessante Tierbeobachtungen. Da sind sie auch schon - die Reiher, Seeadler, Montezuma-Stirnvögel und wie sie alle heißen. Dazwischen blühende Sträucher, Fischer, Fledermäuse und Kapuzineraffen. Aber die Isletas dienen auch der Erholung, denn auf vielen Inseln wurden Ferienhäuser und Villen errichtet. Während unserer Bootsfahrt haben wir immer den Hausberg von Granada, den Volcán Mombacho, im Blick. Zwei Stunden lang erklären Martin und der Bootsführer die Fauna und Flora der Inselwelt.

Granada

Mit dem Bus fahren wir wieder zurück zum Hotel. Bevor uns Martin in die programmlose Zeit entlässt, empfiehlt er uns noch die Happy Hour in der Fußgängerzone. Ich muss noch schnell die drei Karten, die ich heute gekauft habe, schreiben, denn morgen werden wir Nicaragua schon wieder verlassen und da werden mir die Briefmarken nichts mehr nutzen. Es ist erstaunlich, wie schnell man einen Text schreiben kann, wenn man unter Zeitdruck steht. Zeitdruck deshalb, weil wir uns anschließend zur Happy Hour begeben wollen. Wo war nun gleich das Postamt? Ganz genau weiß ich es nicht mehr, daher frage ich einen Touristenpolizisten, der zufällig mit seinem Motorrad an einer Straßenecke steht. Aber die Richtung, in die er mich schickt, passt auch nicht. Ich sehe aber schon den Franziskanerkonvent. Jetzt kenne ich mich wieder aus, denn nebenan ist doch das Postamt. Damit bin ich die Karten endlich los. Das waren auch schon die letzten, die ich geschrieben habe.

In den Gassen sind noch immer viele Einheimische in verschiedensten Verkleidungen unterwegs. Eine Parade nach der anderen strömt durch die Stadt. Nun ist Zeit, den Abend zu genießen. Insgesamt sind wir sieben, die sich vor dem irischen Lokal O'Shea's die Happy Hour mit Getränken zum halben Preis geben. Wir bleiben lange genug sitzen, um auch noch etwas zu essen. Fröhlich und ausgelassen sind die Nicaraguaner in dieser Stadt. Große und kleine Puppen tanzen durch Granada und nebenbei ergeben sich auch Kontakte mit den einheimischen Tischnachbarn.

Der Rückweg führt uns wieder über den Parque Central. Heute gibt es zwar kein Live-Konzert, aber Karaoke-Darbietungen in mehr oder weniger guter Qualität. Nach der üblichen Rumkonferenz findet der Tag um 22.30 Uhr sein Ende. Endlich, denn den ganzen Tag musste ich niesen und mir die Nase putzen. Das dürften die Nachwirkungen der dreistündigen Busfahrt von Potosí nach León gewesen sein. Hoffentlich vergeht das bald, denn einen Schnupfen kann ich jetzt überhaupt nicht brauchen.

Hotel Patio del Malinche • Granada
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