29. September 2011 - Donnerstag - Tag 1 |
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| Sofiya ¦ Pernik
¦ Kyustendil ¦ Severoistočen region |
Kloster Sveti Joakim Osogovski Kriva Palanka ![]() 26°C Flughafen Sofia › Sofiya › Dupnitsa › Kyustendil › Kriva Palanka Wie vor einer Reise üblich, habe ich eine unruhige Nacht hinter mir, als ich um 5.45 Uhr wach werde. Da helfen nur eine Muntermacher-Dusche und ein ausgiebiges Frühstück, um mich für den Anreisetag zu wappnen. Der Bauch ist voll. Jetzt kann das Unternehmen "Makedonische Wanderungen" unter dem Motto т’га
за југ starten. Dieses "t'ga za jug" wird
mich in den nächsten Tagen noch glasweise verfolgen. Der Abflug von Wien ist für 10.15 Uhr geplant. Ich habe also noch ausreichend Zeit und muss mich nicht beeilen. Um ¾ sieben verlasse ich die Wohnung und starte meinen Toyota. Wegen Baustellen auf der Schnellstraße und zähflüssigem Verkehr auf der Autobahn brauche ich etwas länger als sonst zum Flughafen, aber schon um kurz nach acht stelle ich mein Auto auf dem großen Parkplatz auf dem Freigelände des Flughafens ab. Es gilt nur zu hoffen, dass meine 15 Jahre alte fahrbare Kiste in elf Tagen auch noch da ist, nicht dass sie zufällig von jemand anderem gefunden wird, obwohl ich sie gar nicht verloren habe. Aber so etwas wird auf diesem Parkgelände wohl doch nicht passieren! Gottseidank habe ich nicht zu schweres Gepäck mit, denn es ist doch ein Stück zu gehen, bis ich zum Flughafengebäude komme. Ein Wägelchen kommt nicht in Frage, denn es muss auch der Körper auf die Strapazen der nächsten Tage vorbereitet werden, daher wird die Tasche geschleppt. Noch schnell das Ticket hervorgekramt und schon stehe ich in der Schlange zur Gepäckaufgabe. Da sehr viele Schalter geöffnet sind, bin ich auch schon bald an der Reihe und - schwupp, die Tasche ist schon unterwegs auf dem Förderband. Jetzt habe ich bis zum Einsteigen in die Maschine noch etwa 1 ½ Stunden Zeit. Langsam schlendere ich zum Flugsteig (C 35), der aber noch gar nicht geöffnet ist. Da hilft jetzt nur warten, den Rest des Frühstücks in Form eines Apfels zu vertilgen und zu schauen, was es so an Reiseführern zu kaufen gäbe. Um 9.25 Uhr ist endlich die Handgepäckskontrolle geöffnet. Auch eine Passkontrolle ist zu absolvieren. Warum? Das Ziel des Fluges ist zwar noch innerhalb der EU, aber Bulgarien ist nicht Mitglied des Schengen-Raumes, daher gibt es noch Personenkontrollen. Langsam füllt sich der Raum, auch einige "verdächtige" Personen, also jene mit Rucksack, kommen daher. Ob die auch mit mir reisen werden? Zeit zum Boarding. Aber der Abflug verzögert sich ein wenig. 20 Minuten später als geplant heben wir mit Austrian-Flug OS 795 in einer Boeing 737-600 von Schwechat in nördliche Richtung ab. Das Wetter ist gut, sodass ich von meinem Fensterplatz auf der rechten Seite auf meine heimatlichen Berge blicken kann, während das Flugzeug die Kurve kriegt und die Flugrichtung nach Süden einschlägt. Nach einer Mini-Jause landen wir bereits nach 1 ¼ Stunden am Flughafen der bulgarischen Hauptstadt. Obwohl hier bereits die Osteuropäische Sommerzeit gilt, stelle ich die Uhr nicht um, denn wir reisen heute noch nach Mazedonien weiter, wo wieder die MESZ gilt. Bei der Passkontrolle gibt es - wie üblich - keine Probleme. Das Gepäck ist auch da! In der Halle soll die Reiseleiterin Tsvetana Tomova auf die Gruppe warten. Noch habe ich sie nicht gesehen. Aah - jetzt habe ich sie entdeckt. Nach und nach kommen die Reiseteilnehmer an. Insgesamt sind wir elf, alle aus Österreich. Zwei aus Tirol, drei aus Salzburg, vier aus Oberösterreich, eine Wienerin und ich. Eine bunte Mischung sozusagen. Beim Bus wartet Fahrer Petar auf uns. Während er die Koffer und Taschen verstaut, meint Tsveta, dass wir gleich am Flughafen bulgarisches Geld wechseln sollen, da wir bei der Wiedereinreise erst am Abend nach Bulgarien kommen werden und es dann vermutlich keine Gelegenheit geben wird. Ich denke mir "macht mal", weil ich habe 100 Lewa schon mit dabei;-) Mannschaft und Gepäck sind im Bus verstaut. Die Fahrt kann losgehen. Im 16sitzigen Bus haben wir mit unseren Rucksäcken gerade noch Platz. Ich nehme einmal die letzte Reihe in Beschlag und gebe sie bis zum Ende der Tour fast nicht mehr her;-) Ich bin zwar von Rucksäcken umzingelt, kann es mir aber trotzdem sehr gemütlich machen. Vom Flughafen fahren wir auf breiten Straßen durch Sofiya, vorbei an alten Bauten, grauen Fassaden, aber auch modernen Einkaufszentren. Südlich der Stadt erhebt sich das bis zu 2290 Meter hohe Vitosha-Gebirge, das wir an der Nordseite umfahren. Wir durchstreifen nun landwirtschaftliches Gebiet, das schon in herbstliche Farben getaucht ist. Schafe und Ziegen stehen als Aufputz auf den gelb-braunen Feldern. Mit Blick auf das Rila-Gebirge mit der höchsten Erhebung des Landes, vorbei an einem Stausee, einem Wärmekraftwerk und vielen Sonnenblumenfeldern geht unsere Fahrt weiter, als wir aufgeschreckt werden. Petar muss einem fast auf unserer Seite entgegenkommenden PKW ausweichen. Das ist gerade noch einmal gut gegangen! Es sollte gottseidank der einzige nennenswerte Zwischenfall dieser Reise sein. Endlich kommen wir in der 50.000 Einwohner zählenden Kurstadt Кюстендил
Kyustendil zur Kaffeepause laut Programm an. Im Zentrum schlendern wir durch die kleine saubere Fußgängerzone, über den großen Stadtplatz und durch den Park. Viel ist hier nicht los. Vermutlich haben alle Kurgäste um diese Zeit Therapie. Das Stadtbild ist eher geprägt von den Plattenbauten aus der kommunistischen Ära Bulgariens. Irgendwie sieht alles hier recht trostlos aus. Wir nehmen uns Zeit für eine Tasse Kaffee oder auch ein Bier, je nach Geschmack. So können wir auch einige erste Gedanken unter uns Teilnehmern austauschen und uns näher kennenlernen. Die Getränkepreise bewegen sich höchstens auf halbem Österreich-Niveau, also könnte man für unsere Verhältnisse durchaus sehr günstig durch dieses Land kommen. Die Tasse Cappuccino geht schon mal für ein Lew über den Laden, das sind umgerechnet 0,51 Euro. Nur an der Tankstelle ist es mit dem Preisunterschied schon fast vorbei: 2,44 Lewa, umgerechnet 1,26 Euro, kostet der Liter Benzin. In Mazedonien ist es noch einige Cent teurer. Was soll die Bevölkerung hier sagen, wenn schon bei uns wegen der Treibstoffpreise so geschimpft wird? Das Durchschnittseinkommen in diesen beiden Ländern beträgt gerade einmal ein Viertel bis zu einem Drittel im Vergleich zu österreichischen Einkommen. Diese Gedanken gehen mir während der nächsten zehn Tage immer wieder einmal durch den Kopf. Nach der Kaffeepause (ich habe kein Bier getrunken) sind es nur mehr wenige Kilometer bis zur Grenze auf einer Passhöhe. An der bulgarischen Grenze werden die Pässe im Bus kontrolliert. Aber trotzdem kommen wir nicht weiter. Petar sucht irgendetwas, scheinbar vergeblich. Ich weiß nicht, ob er das gefunden hat, wonach er gesucht hat. Jedenfalls dürfen wir weiterfahren. Nur hundert Meter später stehen wir am mazedonischen Grenzposten. Tsveta sammelt die Pässe ein, denn die Mazedonier schauen sie im stillen Kämmerlein durch. Wir sind aber bald abgefertigt und dürfen unsere Fahrt fortsetzen. Mit diesem Grenzübertritt hat sich meine Ländersammlung auf 38 erhöht. Einige Serpentinen bergab und 15 Kilometer später kommen wir im Städtchen Kriva Palanka an. Wir haben alle den Eindruck, dass es hier sauberer ist als auf der bulgarischen Seite des Berges. Auch eine Aufbruchstimmung ist zu bemerken. Wir halten hier an, weil es eine Geldwechselstube gibt. So unscheinbar, dass man sie normalerweise nicht findet. Aber Tsveta weiß natürlich, wohin! Ich tausche vorerst einmal 30 Euro in 1840 Makedonische Denar. Das wird wohl reichen. Es sind doch nur die Getränke und Souvenirs selbst zu bezahlen - und Souvenirs brauche ich eigentlich nicht. Manche von uns nutzen derweil die Gelegenheit, an der Straße Obst zu kaufen. Nicht nur hier, sondern im ganzen Land findet man viele Märkte und Geschäfte, in denen man frisches Obst und Gemüse erwerben kann. Die Nacht rückt näher, daher müssen wir noch ein kurzes Stück zurücklegen. Ein paar Kilometer außerhalb der Stadt, etwas abgelegen in den Wäldern werden wir im Манастир
Свети Јоаким Осоговски
Manastir Sveti Joakim Osogovski die Nacht verbringen. Der Klosterkomplex ist an einen Hang in den Osogovobergen gebaut, sodass die Kirchen ganz unten und die Aufenthaltsräume im oberen Bereich angesiedelt sind. Als wir bei den Kirchen ankommen, werden wir zur Begrüßung mit Kirchengesang eingestimmt, natürlich nicht live. Während Petar mit dem Bus um den Gebäudekomplex herumfährt, um zum Parkplatz zu gelangen, können wir erste Eindrücke sammeln und ein paar Bilder machen. Wie Tsveta uns bereits erklärt hat, ist es in Mazedonien und Bulgarien üblich, beim Einchecken in einem Hotel den Reisepass abzugeben. Manchmal bekommt man den Pass bald zurück, manchmal erst, wenn man den Zimmerschlüssel wieder abgibt. Außerdem gibt es in Mazedonien weiße Zettel dazu. Es dürfte sich um eine Art Meldeschein handeln. Ich habe ihn nie so genau angesehen, denn meistens hat sie Tsveta schon vor der Rückgabe des Reisepasses eingesammelt. Sie meinte, dass man diese Nachweise bei der Ausreise vorlegen muss. Auch hier sind bei der Rezeptionistin die Reisepässe abzugeben. Meinen habe ich im Moment aber nicht bei mir, da er sich noch im Bus befindet. Als ich mit dem Gepäck - und mit dem Pass - vom Bus zurückkomme, sehe ich weder die Rezeptionistin noch Tsveta, also warte ich erstmal ab und nehme mir das Zimmer vor. Da klopft es auch schon an der Tür. Es ist Tsveta, die sich meinen Reisepass abholt. Somit ist das Einchecken auch erledigt. 40 Minuten später steht die Besichtigung der beiden Kirchen auf dem Programm. Es sind kleinere Kirchen, die dem Heiligen Joakim, einem vor vielen Jahrhunderten hier lebenden Einsiedler, geweiht sind. Die zwölf Kuppeln der großen Kirche erinnern an die zwölf Apostel. Zum ersten Mal bin ich in einer orthodoxen Kirche und lausche den Worten unserer Reiseleiterin über Narthex, Ikonostasen und bewundere die vielen Fresken, die die Kirchen außen und innen zieren. Dass es noch viel pompöser geht, werde ich in den nächsten Tagen noch erleben. Das Osogovski-Kloster ist jedoch ein wunderbares Kleinod abseits großer Touristenströme. Bei einem herrlichen Sonnenuntergang meldet sich der leere Magen. Da trifft es sich gut, dass das Abendessen schon auf uns wartet. Es fällt eher einfach aus, aber geschmacklich gut. Nach Tomaten und Zwiebeln in Essig und Öl mit Weißbrot gibt es eine lauwarme Nudelsuppe. Danach noch lauwärmeres Schweinsschnitzel natur mit Kartoffel-Möhren-Reis-Gemisch. Zum Dessert geht's noch kälter: Vanille-Schoko-Eis. Wie erwähnt, ist die Verpflegung auf der eher kühleren Seite gewesen, aber geschmacklich hat es nichts auszusetzen gegeben. Vor dem Schlafengehen muss ich noch das Gepäck reisefertig machen, also Tasche, Fototasche und Tagesrucksack richtig sortieren. Dann kann die Nachtruhe beginnen, heute um 21.15 Uhr schon recht früh. Aber nach dem langen Reisetag geht das schon in Ordnung. ![]() |
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